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Der Hamburger Bado e.V. legt seinen 14. Basisdaten-dokumentationsbericht für das Jahr 2010 vor. Er dokumentiert 19.219 Betreuungen bei 15.251 verschiedenen alkohol- oder drogenabhängigen bzw. -gefährdeten Personen und enthält Spezialauswertungen zu den Themen Migration und Glücksspielsucht.

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Externer Link Präsentationsfolien der Landespressekonferenz vom 20.09.2011

Aus der Pressemitteilung des Badovorstandes

Zusammenfassende Stellungnahme aus dem Statusbericht 2010

Hamburg den 20.09.2011

In 50 ambulanten Suchthilfeeinrichtungen und -projekten wurden 19.219 (Vorjahr: 19.066) Betreuungen bei 15.251 (Vorjahr: 15.038) verschiedenen alkohol- oder drogenabhängigen bzw. -gefährdeten Personen dokumentiert. Die Daten belegen erneut die hohe Leistungsfähigkeit und flächendeckende Erreichbarkeit des differenzierten ambulanten Suchthilfesystems.

Die Hauptdrogen, aufgrund derer Hilfe gesucht wurde, waren bei 68 % Alkohol, bei 38 % Opiate, bei 43 % Cannabis, bei 30 % Kokain, bei 17 % Crack, ebenfalls bei 17 % Sedativa, bei 8 % Amphetamine sowie bei 5 % Halluzinogene. Ohne wesentliche Veränderungen gegenüber den Vorjahren war der betreute Personenkreis ganz erheblich biographisch, psychosozial und gesundheitlich belastet, wobei deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern sowie einzelnen Teilgruppen aufgezeigt wurden.

Die Verlaufsdokumentation weist unter Auswertung von rund 4.000 abgeschlossenen Betreuungsverläufen bei Alkohol- und. Opiatabhängigen nach, dass bei einem hohen Anteil der Klientinnen und Klienten die während der Betreuung angestrebten Verbesserungen erreicht wurden:

  • Am Betreuungsende lebten 55 % der Alkoholabhängigen abstinent, weitere 12 % hatten ihren Alkoholkonsum reduziert. Gut die Hälfte erreichte eine psychische Stabilisierung, nach mindestens sechsmonatiger Betreuung waren dies sogar zwei Drittel.
  • 62 % der opiatabhängigen, überwiegend substituierten Klientinnen und Klienten konsumierten am Betreuungsende kein Heroin. Die gesundheitlichen und psychischen Beschwerden nahmen ebenfalls ab.
  • Relativ durchgängig zeigte sich, dass grössere Verbesserungen mit einer längeren Betreuungszeit einhergingen. Um die Haltequalität weiter zu verbessern, stehen die Einrichtungen vor der Herausforderung vor allem den Anteil mit sehr kurzen Betreuungszeiten zu reduzieren.
  • Bei Alkohol- und Opiatabhängigen gelang eine Stabilisierung der Wohnsituation. Weitere Verschlechterungen bei der Integration in Arbeit oder Ausbildung konnten verhindert werden. Nach wie vor ist jedoch die Auseinandersetzung mit der Frage erforderlich, wie in diesen wichtigen Teilhabebereichen deutliche Verbesserungen erreicht werden können.

Aus den im Bericht dargestellten Einzelergebnissen hält der BADO-Fachvorstand vor allem folgende für besonders beachtenswert:

  • In den bestehenden Jugendeinrichtungen wurden 1.200 Betreuungen dokumentiert. Der Anstieg der Betreuungsfälle gegenüber 2008 um 51 % weist darauf hin, dass diese Einrichtungen immer besser ihre Zielgruppe erreichen.
  • Etwa 2.700 minderjährige Kinder leben in den Haushalten der Hilfesuchenden. Diese hohe Zahl lässt einen erheblichen Unterstützungsbedarf zum Wohle der Kinder erahnen. Eine ganz andere Frage ist, wie groß der Hilfebedarf bei den Familien mit Suchterkrankten ist, die keine Anbindung an die Suchthilfe haben. Auf jeden Fall ist die Wichtigkeit der Kooperation zwischen Suchthilfe- und Familienhilfeeinrichtungen hochgradig evident.
  • Rund 2.000 Klientinnen und Klienten in der ambulanten Suchthilfe ohne eigenen Wohnraum untermauern die Notwendigkeit mehr bezahlbaren Wohnraum für Menschen mit geringem Einkommen zu schaffen. Für viele Klientinnen und Klienten ist eine Bewältigung der Suchtmittelabhängigkeit ohne stabile Wohnsituation nicht realistisch.
  • Etwa ein Viertel aller Klientinnen und Klienten hat mindestens einen Suizidversuch unternommen, 9 % – vor allem Frauen – sogar mehrere. Da der Personenkreis mit erfolgtem Suizidversuch ein exorbitant höheres Risiko für eine vollendete Selbsttötung hat, stellen sich für die Suchthilfe enorme suizidpräventive Aufgaben.

Ein weiterer Schwerpunkt der diesjährigen Auswertung war die zeitnahe Untersuchung relevanter Trends in der ambulanten Suchthilfe. Dazu wurden die jeweils neuen Klientinnen und Klienten, die noch niemals in der BADO dokumentiert waren, im Zeitraum 2005–2010 verglichen.

Als Haupttrends bei den Neuzugängen mit einer Alkoholproblematik wurden im Jahre 2010 eine bessere Schulbildung, häufiger ein Migrationshintergrund, weniger gesundheitliche Probleme sowie weniger Vorbehandlungserfahrungen konstatiert.

Auch unter den Neuaufnahmen mit einer Opiatabhängigkeit waren mehr Personen mit Migrationshintergrund. Ferner zeichnet sich bis 2010 ein weiterer Rückgang der HIV-Prävalenz auf 4 % sowie ein Rückgang der Hepatitis-C-Prävalenz ab. Dies unterstreicht, dass die präventiven Maßnahmen in der Suchthilfe als „best
practice“ in Hamburg etabliert sind und Wirkung zeigen.

Die hohen Defizite und Probleme in den Bereichen Arbeit, Ausbildung, Einkommen oder Wohnsituation erwiesen sich bei den Neuzugängen der letzten sechs Jahre als weitgehend konstant

Spezialauswertungen

Migration

In einer Spezialauswertung werden bei N=2.643 Klientinnen und Klienten mit Migrationshintergrund u. a. soziodemographische Merkmale, biographische Belastungen und Betreuungsverläufe näher beschrieben. Während in Hamburg 30 % der Einwohner einen Migrationshintergrund haben, beträgt der Anteil in der ambulanten Suchthilfe 26 %. Es zeigt sich, dass es zunehmend gelingt auch Personen mit Migrationshintergrund zu erreichen. Ein zentrales Ergebnis ist, dass Personen, die selbst migriert sind, sich in einer Vielzahl von Merkmalen von jenen ohne Migrationshintergrund, aber auch von den hier als Kinder von Migranten Geborenen unterscheiden. Letzteres spricht für den prägenden Einfluss der Lebenswelt. Es kann angenommen werden, dass eine Beachtung von sozialen Milieus, Aufenthaltsdauer und Geschlecht ein noch differenzierteres Bild ergäbe.

Die Betreuungsergebnisse der Klientinnen und Klienten mit Migrationshintergrund sind nicht einheitlich: einerseits erreichen sie eher eine stärkere Konsumreduktion, andererseits gibt es Hinweise, dass vor allem die Kinder von Menschen mit Migrationshintergrund sich während der Betreuungen weniger psychisch stabilisieren.

Vom Hamburger Suchthilfesystem werden immer mehr Personen mit Migrationshintergrund erreicht. Deshalb werden die fachlich-konzeptionelle Auseinandersetzung mit der Migrationsproblematik, entsprechende Angebote zur Fortbildung sowie auch die Frage der angemessenen Teamzusammensetzung in den ambulanten Einrichtungen auf der Tagesordnung stehen müssen.

Glücksspiel

In einer weiteren Spezialauswertung werden N=1.978 Personen mit einer Glücksspielproblematik aus den beiden letzten Jahren differenziert untersucht. Nicht ganz die Hälfte waren „reine“ Glücksspieler, etwas mehr als die Hälfte hatte eine zusätzliche Alkohol- oder Drogenproblematik. Diese beiden Teilgruppen unterschieden sich in vielerlei Hinsicht deutlich, wobei sich bei den Klientinnen und Klienten mit zusätzlichem Substanzkonsum insgesamt eine stärkere psychosoziale Belastung abzeichnet. Mit folgenden weiteren Ergebnissen bietet sich eine Auseinandersetzung an:

  • Etwa 90 % der von der ambulanten Suchthilfe erreichten Glücksspieler sind Männer.
  • Bei den „reinen“ Glücksspielern wie auch bei der Teilgruppe mit zusätzlichem Substanzkonsum ist der überdurchschnittlich hohe Anteil von Personen mit Migrationshintergrund sehr auffällig.
  • Ebenso auffallend sind die deutlich kürzere Betreuungszeit sowie die höhere Abbruchquote bei den reinen Glücksspielern.

Rückfragen zum Statusbericht

Der Bericht kann auch als Broschüre bestellt werden

BADO-Geschäftsstelle
c/o Jugendhilfe e. V.

Repsoldstraße 4, 20097 Hamburg
Telefon: 040 8517350
Telefax: 040 851735-0
barre@jugendhilfe.de

Rückfragen zum Statusbericht

Frank Gödecke
Telefon: 040 444091
Boje-Eimsbuettel@web.de

Hintergrund

Die Hamburger Basisdatendokumentation e.V. (kurz BADO e.V.)

ist ein Zusammenschluss von Freien Drogenhilfeträgern in Hamburg und der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz – BSG, mit dem Zweck der Dokumentation und Evaluation in der ambulanten Suchthilfe.

Die Basisdatendokumentation (kurz BADO)

ist ein bundesweit einmaliges Monitoringsystem, welches die Nutzung verschiedener Bereiche des Drogen-Hilfesystems, das Drogenkonsumverhalten sowie wesentliche psychosoziale Merkmale der Klienten und Klientinnen beschreibt, analysiert und jährlich in Statusberichten veröffentlicht. Die wissenschaftliche Auswertung der Basisdatendokumentation (BADO) erfolgte durch das Zentrum für interdisziplinäre Suchtforschung der Universität Hamburg ZIS.

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