Wir alle wünschen uns viele sorgenfreie Jahrzehnte. Jedoch kann ein langes Leben auch von Phasen geprägt sein, in denen ich nicht mehr im Besitz aller meiner Kräfte bin und auf fremde Hilfe und stellvertretende Entscheidungen angewiesen seien kann.

Mit unserer Kampagne „Ich bin Vorausdenker:in“ möchte die Rechtliche Betreuung jhj Hamburg e.V. einen Anstoß geben, angstfrei auf die eigene Vorsorge zu blicken. Wir verstehen die Vorsorgevollmacht dabei im Sinne einer selbst gewählten Hilfe, welche viel Erleichterung und Absicherung schafft.

Aus unserer Sicht herrscht noch immer eine weitverbreitete Irritation, sowohl zu den Tätigkeitsfeldern ehrenamtlicher und beruflicher Betreuer:innen, als auch zum gerichtlichen Verfahren der Einrichtung einer Betreuung sowie der Vorsorgevollmacht, Patient:innenverfügung oder Betreuungsverfügung.

Auf konkrete Fragen wie „Was ist eigentlich eine rechtliche Betreuung? Wer kann zur Betreuer:in bestellt werden? Welche Möglichkeiten gibt es eine rechtliche Betreuung zu vermeiden? …“ – bieten wir Hilfe und Antworten aus erster Hand.

Wenn die rechtlichen Angelegenheiten nicht mehr selbst geregelt werden können, wird vom Betreuungsgericht ein:e gesetzliche Betreuer:in bestellt. Mit welchen Befugnissen und welche Person benannt wird, entscheidet dann das Betreuungsgericht.

Mit einer Vorsorgevollmacht kann eine Betreuung vermieden werden und selber eine vertraute Person als Vertreter:in benannt werden; beispielsweise Partner:in, Kinder oder enge Freund:innen.

Die so bevollmächtigte Person kann dann

  • im Namen der betroffenen Person tätig werden,
  • Erklärungen abgeben,
  • Verträge schließen oder vor Gericht auftreten.

Wurde eine wirksame Vorsorgevollmacht erteilt, bestellt das Gericht keine Betreuer:in.

Bei Volljährigkeit – also mindestens 18 Jahre alt – und Geschäftsfähigkeit. Dies bedeutet, seine Entscheidungen von vernünftigen Erwägungen abhängig zu machen und deren Bedeutung und Tragweite überblicken zu können. Niemand ist gezwungen, eine Vorsorgevollmacht zu haben.

Eine Vorsorgevollmacht kann so geschrieben werden, dass sie für alle Angelegenheiten gilt. Man kann die Vollmacht aber auch so erteilen, dass sie nur für bestimmte Bereiche gilt – zum Beispiel nur für die

  • Gesundheitssorge
  • Vermögenssorge oder
  • Personensorge.

Wird eine Vollmacht für die Gesundheitssorge erteilt sollten in der Vollmacht die Ärzt:innen von der Schweigepflicht gegenüber den Bevollmächtigten entbunden werden.

Wenn auch eine Patientenverfügung vorhanden ist, sollte in der Vollmacht darauf hingewiesen werden.

Bei der Vermögenssorge geht es um die Verwaltung des Vermögens und um die auflaufenden Bankgeschäfte. Bei der Personensorge geht es auch darum, über den potentiellen Aufenthaltsort der betreuten Person zu entscheiden.

Die Vorsorgevollmacht sollte in jedem Fall die individuellen Lebensbereiche konkretisieren. Sollen die bevollmächtigten Personen über eine medizinische Behandlung mit schwerwiegenden Folgen, über den Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen, unterbringungsähnliche und freiheitsbeschränkende Maßnahmen entscheiden, braucht es dafür eine ausdrückliche Vollmacht.

Tipp!

Der Inhalt einer Vollmacht muss nicht selbst ausgedacht werden. Es gibt erprobte Formulare, zum Beispiel in der Broschüre „Betreuungsrecht“ des Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz oder unter vorsorgen.jhj.de

Nein! Für die Alltagstauglichkeit sollte die Vorsorgevollmacht jedoch schriftlich erteilt werden.

Sie sollte den Namen, das Geburtsdatum und die aktuelle (!)Anschrift enthalten. Außerdem muss die Vollmacht unterschrieben werden – mit Angabe von Ort und Datum. Die Unterschrift kann, als Nachweis der Geschäftsfähigkeit, für 10 € bei den Betreuungsbehörden beglaubigt werden.

Eine Beglaubigung ist zwar keine zwingende gesetzliche Voraussetzung, hilft aber den Bevollmächtigten. Denn sie bewirkt eine höhere Akzeptanz der Vorsorgevollmacht. Soll sich die Vorsorgevollmacht auch auf Grundstücksgeschäfte, Darlehensverträge oder Firmenanteile beziehen, ist es sinnvoll, die Vorsorgevollmacht beim Notar zu beurkunden. Das empfiehlt sich auch, wenn es um größere Vermögenswerte geht oder es in der Familie Streit darüber geben könnte, ob die Vollmacht gültig ist.

Die Bevollmächtigten müssen mit Namen, vollständiger Anschrift und Telefonnummer benannt werden. Es ist empfehlenswert, dass die Bevollmächtigten die Vollmacht ebenfalls unterschreiben. So ist sichergestellt und dokumentiert, dass sie über die Bevollmächtigung Bescheid wissen.

Tipp!

Viele Banken akzeptieren nur ihre eigenen Formulare. Um Auseinandersetzungen mit der Bank zu vermeiden, empfiehlt es sich die von der jeweiligen Bank die hausinternen Formulare geben zu lassen.

Die Vorsorgevollmacht bleibt gültig, bis diese widerrufen oder geändert wird. Ansonsten gilt sie bis zu dem Tod. Es kann aber in der Vollmacht erklärt werden, dass diese über den Tod hinaus gelten soll, was empfehlenswert ist. So kann die bevollmächtigte Person nach dem Tod zum Beispiel noch die Beerdigung organisieren. Die Vollmacht endet dann erst, wenn die Erben die Vollmacht widerrufen.

Eine Vorsorgevollmacht kann jederzeit geändert oder widerrufen werden. Jede Änderung sollte immer an der Originalvollmacht vorgenommen werden. Ältere Versionen oder Kopien, sind zu vernichten, nachdem die Vollmacht widerrufen oder geändert wurde.

Wenn eine neue Vollmacht angefertigt wurde, sollte deutlich benannt werden, dass die neue Vollmacht die alte Vollmacht ersetzen soll. Es gilt auch dabei die erforderliche Form (Beglaubigung oder notarielle Beurkundung) einzuhalten.

Der bevollmächtigten Person muss das Original der Vollmacht vorlegen, wenn diese handlungsfähig sein soll. Es empfiehlt sich zwei Personen zu bevollmächtigen, damit sich diese gegenseitig vertreten können. Am einfachsten ist es deshalb, wenn die Vollmacht an einem Ort aufbewahrt wird, der den Bevollmächtigten bekannt ist und zu dem sie Zugang haben. Zum Beispiel zu Hause in einem Ordner „Wichtige Dokumente“, damit die Bevollmächtigten die Vollmacht auch finden, wenn es nötig ist. Zusätzlich ist es ratsam ein Hinweiskärtchen bei sich zu tragen, zum Beispiel in der Geldbörse oder Brieftasche. Dort wird vermerkt, dass eine Vorsorgevollmacht vorhanden ist, sowie den Namen und die Telefonnummer der Bevollmächtigten.

Für den Fall, dass die Vollmacht aus einem nicht absehbaren Grund unwirksam oder unvollständig sein sollte, ist eine ergänzende Betreuungsverfügung ratsam.