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Als einen großen Schritt auf dem Weg hin zu einer gesetzlich geregelten Behandlung schwerstabhängiger Drogensüchtiger mit pharmakologisch reinem Heroin – dem sogenannten Diamorphin – hat Hamburgs Zweite Bürgermeisterin, Gesundheitssenatorin Birgit Schnieber-Jastram die Entschließung des Bundesrates dazu heute gewertet.
Kapitelübersicht
- Pressemitteilung der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz
- Pressemitteilung des Bundesministerium für Gesundheit
- Ihr Kommentar
„Ich freue mich, dass nach den Ausschüssen heute auch der Bundesrat unserem Antrag, den wir zusammen mit Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfahlen und dem Saarland eingebracht haben, gefolgt ist.
Dieser Beschluss ist ein klares Signal in Richtung Bundestag für eine gesetzliche Regelung der Diamorphinbehandlung. Denn eine eingeschränkte Behandlung mit Diamorphin ist unserer Auffassung nach ein geeigneter Weg, um diese Behandlungsform als zusätzliche Therapieoption in Deutschland zu ermöglichen. Ziel ist dabei allein die Erweiterung des Spektrums der Behandlungsmöglichkeiten für eine eng begrenzte Gruppe Schwerstabhängiger, um auch diesen Menschen einen Einstieg in den Ausstieg zu ermöglichen. Jetzt ist der Bundestag gefordert, die letzten Hürden für eine entsprechende Änderung des Betäubungsmittelrechts in Deutschland beiseite zu räumen.“
Das dem Hamburger Gesetzentwurf zugrunde liegende Konzept sieht die Diamorphinbehandlung als nachrangige Therapieoption für Schwerstopiatabhängige vor, bei denen ernsthafte Behandlungsversuche mit herkömmlichen Substitutionsmittel, wie etwa Methadon, einschließlich psychosozialer Betreuung nicht zum Erfolg geführt haben.
In ihrer Rede vor dem Bundestag betonte Schnieber-Jastram: „Eine gesetzliche Regelung ist hier zwingend erforderlich, um einheitliche Qualitätsstandards bei der Behandlung mit Diamorphin zu gewährleisten und eine Überleitung der Behandlung in die Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung zu ermöglichen. Die Fortführung der Diamorphinbehandlung im Wege der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen, so wie bisher, ist nur als Übergangslösung vertretbar.“
Die Rahmenbedingungen für eine Heroinbehandlung sind in dem Gesetzentwurf sehr eng gefasst. So muss unter anderem die Abhängigkeit bei den zu behandelnden Opiatabhängigen seit mindestens fünf Jahren bestehen und mit schwerwiegenden somatischen und psychischen Störungen verbunden sein. Die Patienten müssen zudem mindestens 23 Jahre alt sein und zuvor wenigstens zwei erfolglose regulär durchgeführte Behandlungsversuche unternommen haben. Außerdem soll die Behandlung regelmäßig durch externe Experten überprüft und nur in Einrichtungen durchgeführt werden, die über eine entsprechende Erlaubnis verfügen. Eine Take-home-Vergabe von Diamorphin wird ausgeschlossen. In den ersten Monaten der Behandlung soll eine psychosoziale Betreuung obligatorisch sein.
Quelle: Pressemitteilung der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz
Bundesrat stimmt mit großer Mehrheit für ein Gesetz zur heroingestützten Behandlung für schwerkranke Drogenabhängige
„Die überwältigende Mehrheit von 13 Ländern im Bundesrat ist ein klares Signal an den Bundestag, eine gesetzliche Regelung der heroingestützten Behandlung zu beschließen“, erklärt die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Sabine Bätzing, anlässlich der heutigen Entscheidung im Bundesrat. „Auch die öffentliche Anhörung im Bundestag am 19. September hat bestätigt, dass es nicht um einen Paradigmenwechsel geht, sondern um eine sinnvolle und wirksame Ergänzung der Substitution mit Methadon für Schwerstabhängige.“
In der Anhörung im Bundestag wurde auch deutlich, dass nicht mit massiven Mehrkosten zu rechnen ist, wenn die heroingestützte Behandlung gesetzlich geregelt wird. Sabine Bätzing: „Ein Ansturm von Heroinabhängigen auf die Diamorphinbehandlung – wie von manchen befürchtet – wird ausbleiben. Das Ergebnis einer Studie zur Versorgungslage der schwerkranken Heroinabhängigen hat ergeben, dass bundesweit etwa 3.500 Behandlungsplätze realistisch sind. Von einem ‚Dammbruch‘ kann keine Rede sein. Im Vergleich zur derzeitigen Substitutionsbehandlung entstünden damit pro Jahr nicht die befürchteten Mehrkosten in Höhe von 150 Millionen Euro und mehr, sondern in Höhe von etwa 22,2 Mio. Euro. Das entspricht etwa 0,15 Promille der jährlichen Gesamtausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung.“
Auch die Zweifel an der Abstinenzorientierung der heroingestützten Behandlung sind nicht gerechtfertigt. Ein Ergebnis der Studie war, dass innerhalb von zwei Jahren 24 % der Patienten entweder in eine Substitutionstherapie oder sogar direkt in eine Abstinenztherapie gewechselt sind.
Sabine Bätzing betont: „Ich appelliere an die Bundestagsfraktion der CDU / CSU, sich dem Votum des Bundesrats sowie den überzeugenden Argumenten für diese Behandlungsmethode anzuschließen und die Abstimmung über das Gesetz im Bundestag freizugeben. Eine gesetzlich geregelte heroingestützte Behandlung trägt dazu bei, dass künftig noch mehr Leben gerettet werden können.“
Die Patienten des Bundesmodellprojekts werden seit 1. Januar 2007 auf der Basis einer auf das öffentliche Interesse gestützten Ausnahmeerlaubnis gemäß Â§ 3 Abs. 2 des Betäubungsmittelgesetzes weiter mit Diamorphin behandelt. Das Modellprojekt zur heroingestützten Behandlung Opiatabhängiger wurde von einer gemeinsamen Initiative des Bundesministeriums für Gesundheit, der Länder Hamburg, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sowie der Städte Bonn, Frankfurt, Hannover, Karlsruhe, Köln und München getragen. Die Ergebnisse sind im Internet unter www.heroinstudie.de veröffentlicht.
Quelle: Pressemitteilung des Bundesministerium für Gesundheit